Jules
Verne im Umfeld von Nantes - in Chantenay & Trentemoult (1838 bis
1887) |
Jules
Verne Zitate sind wie gewohnt in blau
dargestellt. Quellenangaben: /1/ Zeitgenössische Postkarte um 1890, ungelaufen; CF /21263/ /2/ Foto © 2013 Fehrmann /3/ Souvenirs d'Enfance et de Jeunesse, in Cahier de l'Herne Nr. 25 (Jules Verne). Paris 1974/1998 S. 59; Zitat aus Volker Dehs: Jules Verne; Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 1986; Seite 15; CF /5501/ ) /4/ Raymond du Crest de Villeneuve: Das Landhaus der Familie Verne in Chantenay; Zeichnung ca. 1870-75; Bildzitat von S. 3 aus: Hrsg.: Agnes Marcetteau-Paul: The World of Jules Verne; City of Nantes, Association of Friends of the Nantes City Library 2001; CF /5725/ /5/ Christian Nagelschmidt: La maison du compagne de Jules Verne a Chantenay; 26. März 1955; Bildzitat von S. 3 aus: Hsg.: Le Monde de Jules Verne; Ville de Nantes, Imp. Le Govic, St. Herblain 2001; ISBN 2-906464-21-6; CF /5734/ /6/ Foto © 2013 Fehrmann /7/ Die historische Postkarte ist aus meiner Sammlung. Aufnahmen ca. 1910. Bild CF/21159/ /10/ Bildmimpression um 1910 aus meiner Postkartensammlung. Aufnahme Phototypie Vassellier Nantes CF /21282/ /11/ Foto © 2019 Fehrmann /12/ Motiv um 1910 aus meiner Postkartensammlung. CF /21417/ /13/ Foto © 2013 Fehrmann NACH OBEN - SEITENANFANG |
Bei Vernes
in der Sommerfrische: Das Haus in Chantenay ![]() Heute ist Chantenay fest in Nantes einverleibt, der damals separate Vorort ist nicht mehr erkennbar. Das ehemalige Land- oder auch Sommerhaus der Vernes, in der heutigen Rue des Réformes (sous l’église) Nr. 29, beherbergte bis kurz nach 2013 die Wohnung eines Arztes, heutzutage (2019) ist an der Tür kein Namensschild mehr sichtbar, das Gebäude scheint in einen Dornröschenschlaf gefallen zu sein, zumindest suggeriert dies der recht desolate Zustand. Wer das Haus sucht, der kann als Wegweiser im heutigen Stadteil Chantenay die Kirche Saint Martin nutzen. Sie liegt genau auf der anderen Straßenseite zum ehemaligen Sommerhaus der Vernes. Siehe dazu das Bild links /1/. Da man im Sommerhaus viele Wochenenden in Familie verbrachte, vermute ich, dass die Vernes zum Gottesdienst auch die Kirche Saint Martin besuchten. Dazu brauchte man nur eine Straße kreuzen. ![]() ![]() Nicht von ungefähr beschreibe ich die Lage dieses Hauses mit nachvollziehbaren Hinweisen. Denn in der Sekundärliteratur und den Biographien zu Jules Verne, aber auch in den regionalen Tourismusinformationen sind die Hinweise auf diesen speziellen Ort der Literaturgeschichte recht dürftig. Das ist auch nicht verwunderlich, denn insgesamt ist das Sommerhaus der Vernes kein lohnenswertes Ziel: Verbaut, versteckt, heruntergekommen und nicht öffentlich zugänglich. Erstaunlich, dass es überhaupt noch in Unterlagen zu einer "Verne-Tour" erwähnt wird. Man muss schon ein besonderes Verhältnis zum Autor Verne haben, wenn man diesen Ort besucht, nur um das Ambiente des ehemaligen Umfelds der Familie auf sich wirken zu lassen. Also stand ich vor dem Gebäude, sah mich um und in Gedanken folgte ich den historischen Beschreibungen dieses Ortes. Nähern wir uns also der Geschichte des Hause aus der Sicht der Vergangenheit: Jules Verne beschreibt in seinen späteren Kindheitserinnerungen, dass aus seinem Stübchen die Loire auf einer Strecke von zwei bis drei Lieues sehen konnte. Das entspricht in heute üblichen Maßangaben acht bis zwölf Kilometern. Er sah auf Wiesen die während des Winters durch große Überschwemmungen überdeckt waren. „Mangels Gelegenheit, auf dem Meere zu fahren, segelten mein Bruder und ich eben mitten durch das Land, durch Felder und Wälder. Hatten wir keinen Mast zum Hochklettern, verbrachten wir die Tage in den Gipfeln der Bäume! Jeder versuchte, sein Nest am höchsten einzurichten. Wir unterhielten uns, lasen, schmiedeten Reiseprojekte, während die vom Wind bewegten Äste die Illusionen des Schlingerns und Stampfens entstehen ließen" /3/, schreibt Jules Verne in seinen Erinnerungen. Hinter dem Haus in Richtung Loire schlossen sich zwei in einander über gehende terassenförmige Gärten an. Am Ende soll es nach einem belaubten Gang zu einer Gartenlaube gegangen sein, von der aus man dann auf den Uferweg kam. Diesen Weg konnte und kann man auch außerhalb der Grundstücke gehen, indem man die heutige Rue Eugene le Roux in Richtung Loire geht. Beginnend so wie auf dem aktuellen Foto oben rechts zu sehen. Nach dem Tode Vernes wurde die Straße in Rue Jules Verne umgetauft, einen Namen, die sie aber nach der Eingemeindung in Nantes wieder verlor. In mehreren Publikationen ist zu lesen, dass gerade die Faszination des Landhauses und seiner Umgebung Vernes nicht enden wollende Sehnsucht nach Schiffen, Reisen und fernen Ländern geweckt haben soll. ![]()
Im 19. Jahrhundert konnte man noch, wie weiter oben beschrieben, fast wie im Park hinter dem Haus bis zur Loire hinunter gehen, Jules schwärmte ja auch vom freien Blick hügelabwärts auf das Ufer. Welche nachhaltige Wirkung dieses Haus bei Jules Verne hatte, zeigt sich auch in seinem schwarzen Jahr 1887. Seine Mutter starb am 15. Februar, und er selbst war schwer erkrankt. Um die Erbschaftsangelegenheiten zu klären, musste er schweren Herzens das Haus in Chantenay verkaufen. Dieser Schritt tat ihm innerlich weh. Er musste sich von einem weiteren Stück seiner Jugenderinnerungen körperlich trennen. Wie sieht es in der Gegenwart an diesem Ort aus? Die mir zugängliche Literatur zum Thema führte dazu aus, dass heutzutage die Umbauten am Haus nur schwer eine Vergleichbarkeit mit alten Bildern oder Zeichnungen herstellen lassen. Beispielhaft werden dazu Ansichten des Hauses publiziert, die weitestgehend meinem Foto unten links entsprechen /6/. Also: Bilder und Beschreibungen ausgedruckt und los ging es auf Spurensuche.
![]() ![]() Mit der Hilfe eines Bewohners der Nacharschaft bekam ich bei meinem ersten Besuch Zutritt zum Nachbargrundstück. ![]() Kommen wir wieder zurück auf die Straße in der unten zu sehenden alten Darstellung /7/. Sie beginnt genau an der Hausecke vom Sommerhaus der Vernes. Wie schon angesprochen, wurde sie nach dem Tode Vernes zeitweilig in Rue Jules Verne umbenannt. ![]() ![]() ![]() Aber schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Straße kontinuierlich bebaut. Weiter unten in Richtung Fluß sah es so wie auf dem linken alten Bild aus. Wirhaben uns sozusagen um hundertundachzig Grad gedreht und wir blicken jetzt auf der Straße zurück in Richtung des Sommerhauses der Vernes. Zur Orientierung: Im Hintergrund der historischen Aufnahme links /10/ ist noch der Kirchturm von Saint Martin zu sehen. Selbst die auf der alten Aufnahme zu sehenden Gebäude sind inzwischen durch andere ersetzt worden. ![]() ![]() Die ehemalige Rue Jules Verne endet heute als Rue Eugène Le Rouge auf einer Kreuzung mit Kreisverkehr und sie führt als Rue de la Gare de Chantenay in Richtung Loire, welche aber durch die Bahnanlagen der SNCF und deren Industriebauten verstellt wird. Warum beschreibe ich diese Route? Wenn man vom Sommerhaus der Vernes kommend an diesem Kreisverkehr nach links in die Rue de Chevreul einbiegt, dann gelangt man über den Boulevard de Cardiff direkt zu einer Freitreppe. Am oberen Ende sehen wir schon das Jules Verne Museum. Von Vernes Sommerdomizil bis zum Museum sind es auf dieser Route rund 1,5 Kilometer. Durchaus also eine Entfernung die man zu Fuß bewältigen kann. Bild rechts: Am Fuße der Freitreppe zum heutigen Jules Verne Museum /13/
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/8/ Historische Postkarte um 1900: Trentemoult - Le Debarcadere; CF /21270/ /9/ Jules Verne: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland; Paul Zsolnay Verlag Wien 1997 ISBN 3-552-04861-8; Seite 20. Siehe auch hier: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland /12/ Kap Hoornier / Cap Hornier / Cape Horner ist ein Seemann, der mit einem Schiff ohne Motorantrieb das berühmt berüchtigte Kap Hoorn an der Südspitze Lateinamerikas umrundete. |
Trentemoult![]() Die malerischen Umgebung seiner Jugend brachte Jules Verne im Roman Reise mit Hindernissen nach England und Schottland den Lesern nahe. So beschrieb er die Region wie folgt: „Am Ende des Hafens von Nantes verbreitert die Loire sich auf majestätische Weise; ihre Wasserfläche besteht an dieser Stelle aus dem Zusammenfluß von acht oder neun Armen, deren gelbliche Fluten sich an den Bogen vieler Brücken gebrochen haben. Auf der linken Seite erstreckten sich friedlich die Insel und das Dorf Trentemoult, deren Bewohner ein recht auffälliges Äußeres besitzen, ihre alten Bräuche bewahrt haben und sich, wie es heißt, nur untereinander verheiraten. Zur Rechten stieß der Kirchturm von Chantenay seine lange Spitze in den abendlichen Nebel.“ /4/ In Besinnung seiner Wurzeln lässt Verne die vorgenannten Orte in mehreren seiner Romane wieder „auftauchen“. So finden wir Beschreibungen oder Bezugnahmen von NANTES in: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland, Paris im 20. Jahrhundert, Die 500 Millionen der Begum, Robur der Sieger, Meister Antifers wunderbare Abenteuer, Der stolze Orinoko, Reisestipendien und Der Goldvulkan Weiterhin tauchen in vielen seiner Bücher Schiffe auf, die Nantes als Heimathafen haben. TRENTEMOULT in: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland und von Paul Verne in der Kurzgeschichte: Von Rotterdam nach Kopenhagen. CHANTENAY in: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland und Der stolze Orinoko. Dieser Ort wird als Namensgeber von mehreren Schiffen in seinen Romanen verwendet. Warum Nantes sich mit seinem maritimen Umfeld so prägend auf Jules Verne auswirkte, versuche ich mit meinem Beitrag ![]() In diesem Beitrag wurde die Sommerfrische des jungen Jules Verne beschrieben. Doch mit zunehmenden Alter zog es Jules in die Ferne. Dies beschreibt mein Beitrag: ![]() |
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© Andreas Fehrmann – 11/2016, letzte Aktualisierung 5- November 2021