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Collection Fehrmann Jules Vernes Voyages extraordinairesBand VE 4- |
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Buchbeispiel
oben: © Der
Kinderbuchverlag Berlin 1949, 3. Auflage 1956 Lizenz Nr.
304-270/144/56-(49), nach einer im Jahre 1901 erschienenen Ausgabe; CF
/0402/. Buch unten: Von der Erde zum Mond
© Lizenzausgabe des Deutschen Bücherbundes GmbH München 1999, Nr.
192773 (CF /0411/)
/1/ Jules Verne: Von der Erde zum Mond; A. Hartleben's Verlag, 1874, Wien / Pest / Leipzig; mit 45 Abbildungen; CF /0401/; Weitere Details siehe ganz unten rechts /2/ ebenda, Bildzitat von Seite 160 /3/ Julio Verne: DE LA TIERRA A LA LUNA / ALREDEDOR DE LA LUNA © Editorial Porrúa Mexico 2004 ISBN 970-07-4699-2 (erworben 2005 in Peru; CF /0408/)
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Von der Erde zum Mond (1865)
Der
amerikanische Bürgerkrieg brachte all
denen die Waffen produzierten einen großen Aufschwung. In Baltimore
gründete sich sogar ein Artilleristenklub. Dem durften alle angehören,
die eine Feuerwaffe erfunden hatten. Eines Tages jedoch schweigen die
Waffen - im Club kehrt Langeweile ein. In diesem Moment beschließt der
Clubpräsident Barbicane, die Erfahrungen der Clubmitglieder friedlich
zu nutzen.Dazu offeriert er dem begeisterten Clubmitgliedern ein
ehrgeiziges Projekt: Er will eine Kanone bauen, die jedes bisherige Maß
übersteigt, um mit ihr ein Geschoss zum Mond zu senden.
Bild: Ankunft des Projectils in Stone's-Hill, dem Abschussplatz /2/ Dieser Vorschlag, basierend auf einer riesigen Kanone die als Schacht in die Erde Floridas gebaut werden soll, löst einen ungeheuren weltweiten Begeisterungssturm aus. Zur Finanzierung des gigantischen Vorhabens werden Subskriptionen aufgelegt. Diese wurden jedoch nicht wie üblich als Anleihe, sondern als ein Geldgeschenk organisiert. Die gesamte Welt sollte somit Anteil an dem kühnen Vorhaben nehmen. Am Startort, der fiktiven Stadt Stones-Hill, wurde ein Industriestandort buchstäblich aus dem Boden gestampft, sollte doch nach den Schachtarbeiten die Kanone direkt vor Ort in den Boden gegossen werden. Dann ist es endlich soweit. Der Versuch glückt, das Projektil verlässt die Erde. Als die mutigen „Reisenden“ die Erde verlassen, nähern sie sich dem Mond. Die Fortsetzung der Geschichte
erleben wir im zweiten Teil des Romans: In der Noch einige ergänzende Anmerkungen: Einer der mutigen „Astronauten“ des Romans ist Michel Ardan. Hinter diesem Namen verbirgt sich, mit einem einfachen Wortspiel umbenannt, der langjährige Freund Jules Vernes - der Fotograf Nadar (1820 – 1910). Diesen beschreibt Jules Verne recht treffend in diesem ersten Band der Mondreisen. Ehe man sich noch über die Sinnfälligkeit und den Mut der technischen Phantasie Vernes Gedanken macht, sollte man sich vergegenwärtigen, dass dieses Buch eigentlich als Satire geschrieben wurde. Ziel war es, bestimmt auch mit einem Seitenblick auf Deutschland, den Militarismus auf die Schippe zu nehmen. Dies erklärt auch den Mut zu großzügigen Entscheidungen bestimmter recht fragwürdiger Lösungen, wie sie zum Beispiel durch die überdimensionierte Kanone gegeben wurde. Der
Artilleristenklub (Gunclub) begegnet uns noch in den Werken
Und
hier noch ein interessantes, aber kleineres technisches Detail: Über
die zur Ausleuchtung der COLUMBIADE am Startplatz benutzten
Ruhmkorfflampen, kann man sich auf meiner Seite Bild oben links: Eine neuere mexikanische Ausgabe /3/
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/4/ Jules Verne: De La Terra A La Lune; J. Hetzel Et Cie, Paris 1873, CF /0415/, Bildzitat von Seite 64 /5/ ebenda, Seite 80 und 96 /6/ Aus meiner Postkartensammlung: Tampa - Florida, um 1900; CF /21445/ /7/ Aus meiner Postkartensammlung: Port Tampa and Tampa Inn, Florida, 1902; CF /21446/ /8/ Foto von © Tim Fillmon von HMdb.org /9/ Sammlung Fehrmann |
Der Startplatz
Wie
schon gerade angedeutet, sehen begeisterte Leser in den Mondromanen
geradezu seherische Fähigkeiten des Autors. Einige Aussagen und
Annahmen Vernes sind wirklich verblüffend, da sie enge Parallelen zu
heutigen Entwicklungen aufweisen. Neben solchen Stichworten wie
„Schwerelosigkeit“ und „Wasserung des Projektils“ trägt dazu auch der
gewählte Startplatz, eigentlich der Gieß- und Aufbauort, der Columbiade bei.Im 11. Kapitel Florida und Texas lässt Verne die Akteure über den Startplatz diskutieren. Ausgangsidee ist es, dass der Mond möglichst im Zenit über dem Startplatz stehen sollte. Daher kamen die amerikanischen Bundesländer Florida und Texas in die Diskussion. Schließlich gewann Florida, da es bedeutend weniger besiedelt war. Dieser wissenschaftlich falsche Ansatz führt im Roman trotzdem zu einem verblüffenden Effekt. Denn ist ist ein Startplatz, der auf dem 28° nördlicher Breite liegt und damit auf gleicher Höhe wie der heutige NASA-Startplatz Cape Canaveral. Der eigentliche korrekte wissenschaftliche Hintergrund des Lagevorteils ist aber die hohe Geschwindigkeit der Erdrotation in Äquatornähe. Durch diese müssen Raketen weniger Energie aufbringen, um in eine Erdumlaufbahn zu gelangen. Daher ist die Lage des Raumflugzentrums Guayana der europäischen Raumflugprojekte, welches südlich des Äquators in nur 18° südlicher Breite, noch günstiger. (Die originale Karte aus dem Roman - oben /4/) Da die damals einzig größere Stadt in dieser Region „Tampa-Town“ war, wie sie im Roman genannt wurde, sollte sie zur „Moon-City“ werden. Dort sollte das administrative Zentrum des Vorhabens liegen, wobei der eigentliche Startplatz südlich von Tampa ausgewählt wurde. Nach Rückfrage von Barbicane hieß der ausgewählte Platz „Stone’s Hill“. Detail- und zahlenverliebt wie Verne war, gab er auch eine exakt klingende geografische Lage an: 27°7‘ nördlicher Breite und 5°7‘ westlicher Länge. Unten sehen wir die Originalillustrationen zu den Ansichten von Tampa /5/ ![]() ![]() Dazu Impressionen aus Tampa um 1900 /6/ (unten) Mit
diesen Angaben ging ich auf die Suche. Als Erstes fällt auf, dass nur
Grad und ganze Winkelminuten angegeben wurden. Da eine weitere
Differenzierung fehlt, führt die Rundung schon zu fast einem Kilometer
Abweichung. Aber zumindest die Region sollte bestimmbar sein, wenn...
ja wenn eine Angabe des gewählten Nullmeridians als Ausgangspunkt der
Bemessung angegeben währe. Zuerst vermutete ich einen europäischen
Startpunkt, also den Nullmeridian von Paris, dann Greenwich, landete
aber jeweils in Nordafrika. Durch einen Nautiker erhielt ich den
Hinweis, dass der alte "Old Naval Observatory meridian", also der
Washingtoner Null-Meridian die Basis der Ortsbestimmung gewesen sein
könnte. Auf heutige Angaben grob umgerechnet, also auch wieder ohne
Winkelsekunden, erhalten wir 27°7’N 82°10’W – und mit diesem Wegweiser
landet man an einer künstlichen Teichanlage im Myakka River State
Park in Florida. Gerade
diese Gegend ist absolut flach, ein „Stone’s Hill“ in jeglicher Größe
ist nicht zu finden. Generell hat Florida keine Erhebung von „300
Toisen über dem Meeresspiegel“ wie es in der Romanbeschreibung von
„Stone’s Hill“ angegeben wird. Denn diese rund 580 Meter über NN
liegende Höhe erreicht der höchste Punkt Floridas, der Britton Hill,
nicht. Mit seinen mickrigen 105 Metern ist er die höchste natürliche
Erhebung im US-Bundesstaat.Bild rechts: Port Tampa 1902 /7/
Was bei den ganzen Betrachtungen auffällt, ist die dem Roman beigefügte Karte (siehe weiter oben). Entgegen den eigenen geografischen Angaben ist der Startplatz in einer falschen Region eingezeichnet. Eben nicht auf dem 27. Breitengrad. In der Karte liegt der Ort südlich des Okeechobee-Sees. Es ist auch nicht verwunderlich, dass diese Region ebenfalls keinerlei Erhebungen zeigt. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass das ebenfalls in der Karte zu sehende Cape Carnaveral auf 28° nördlicher Breite liegt, dann liegen zwischen den Orten rund 250 Kilometer Distanz. Zum exakt angegebenen Landeplatz, den wir ja in der Nähe des Myakka River State Park verortet haben, sind es ebenfalls 220 Kilometer bis südlich des Okeechobee-Sees. Hier hat offensichtlich der Kartenzeichner versagt, „Stone’s Hill“ ist viel zu weit südlich. Man
könnte diese Vergleiche überhaupt nicht durchführen, wenn Verne nicht
so zahlenverliebt gewesen wäre. Wie ein roter Faden zieht es sich durch
seine Romane, dass er stets mit genauen Dimensionierungen, man denke
nur an die Behälterangeben im Ballon Victoria in Fünf Wochen im Ballon,
detaillierten Berechnungen wie in den Mondromanen oder Die
geheimnisvolle Insel und regelmäßig mit nautischen Ortsangaben
aufwartet. Der lockere Umgang mit solchen Daten gaukelt eine technische
oder wissenschaftliche Exaktheit vor, die den unkritischen Leser
offenbar beeindrucken sollte.Bild links: Die Erinnerung an den Jules Verne Park in Tampa, Foto © Tim Fillmon /8/ Kommen
wir nochmals auf Vernes „Moon-City“ zurück: Die belesenen Einwohner von
Tampa fühlten sich schon im 19. Jahrhundert geschmeichelt, dass ihnen
der französische Romancier ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Das
führte im Jahre 1894 dazu, dass die wohlhabende Chester Chapin einen
Park den sie in Ballast Point in Tampa anlegen ließ, nach diesem Autor
benannte. Als sie dieses Grundstück 1903 verkaufen musste, wurde der
Park in Ballast Point Park umbenannt. Heute erinnert nur noch eine
Tafel, die 1962 durch die Hillsborough County Historical Commission
aufgestellt wurde, an diesem Park. Aber der Name Jules Verne ist in
Tampa nicht ganz verschwunden. Noch heute gibt es in direkter
Nachbarschaft des Parkes die schmale Straße Jules Verne Court.Bild rechts: Der heutige Jules Verne Court durchquert ein ruhiges Geschäfts- und Wohnviertel in Tampa /9/
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Der Roman bei A. Hartleben's Verlag Wien Pest Leipzig
Bild rechts: Das Vorsatzbild
einer frühen Druckvariante, Detailseite zur Vergrößerung hier:
Bild unten links:Titel mit Impressum und rechts: Vorsatzbild vor Beginn des Texte
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus. Copyright © Andreas Fehrmann - 07/00, letzte Aktualisierung 28. Juli 2023 |
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