Collection Fehrmann Bühnenwerkevon und nach Jules VerneJules Verne im Theater / Les pièces de théâtre / Plays |
Hinweise zu Quellen und zum Bildmaterial: /1/ (Bild oben) Kollektiv: Bulletin de la Sociéte Jules
Verne Special Theatre Nr. 3; 1988; Herausgeber: Société Jules Verne Paris /2/ Ausschnitt aus der ganzseitigen Darstellung des Karikaturisten Stop aus der Zeitschrift: JOURNAL AMUSANT Nr. 1412 vom 22. September 1883. Weiterführende Informationen zu diesem Künstler sind hier zu finden: Die Operette Dr. Ox (dort in der linken Randspalte) /3/ Historische Postkarte aus Frankreich, um 1905 - gelaufen 1907, coloriert; CF /21239/ /4/ Zeitschrift: Die Presse; Wien, Freitag den 7. September 1883 Nr. 246 / 36. Jahrgang; Zitat von Seite 2 aus dem Beitrag Feuilleton Kéraban-le-têtu von "Orig.-Corr. der PRESSE in Paris vom 4. September"; CF /6674/
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Kéraban-le-têtu (Keraban der Starrkopf) Das Theaterstück sollte
eigentlich an
die Bühnenerfolge
vorangegangener Jahre anknüpfen. Da sich Verne aber gerade mit d’Ennery
überworfen hatte, versuchte er sich allein an die Bühnenumsetzung der
Romanvorlage. Der Verne-Biograf Volker Dehs führte aus, dass Verne
bereits den
Roman zugeschnitten auf Buch und Bühne erarbeitet hat. Daher ist die
Umsetzung
des Stücks ziemlich werkgetreu angelegt. Ich als konsumierender Leser
schätze
ein, dass durch den meist linearen Erzählstil Vernes die Umstellung
nicht zu groß
gewesen sein kann. Raffinierte Handlungsstränge oder verschachtelte
Strukturen
waren noch nie so „das Ding“ bei unserem Meister. Das Stück hatte vom Aufbau her fünf Akte und einen Prolog mit insgesamt fünfzehn Bildern. Die Erstaufführung erfolgte am 3. September 1883 im Théâtre de la Gaîté-Lyrique. Nach bereits 50 Aufführungen wurde das Stück aus dem Spielplan genommen. Diese wenigen Aufführungen spielten nicht die getätigten Ausgaben des Theaters ein. Für Autor und Direktion eine ziemliche Pleite. Die fehlende Mitarbeit des bühnenerprobten d’Ennery schien sich zu rächen. Vielleicht hätte er dem Stoff mehr Spritzigkeit oder szenische Einfälle verpasst. Die Kritik war sich schnell einig: Das Ergebnis wurde regelrecht niedergemacht. Die Bühnenversion wurde zu Lebzeiten Vernes nicht publiziert. Erst im Bulletin de la Sociéte Jules Verne im Jahre 1888 gab es in der Ausgabe 85/86 auf den Seiten 27 bis 134 eine erste Druckfassung /1/. Bild rechts: Karikatur zur Keraban-Aufführung von Stop /2/
Da die Handlung
durch den Roman gut bekannt ist, gebe ich hier nur eine grobe
Zusammenfassung:
Der türkische Tabakhändler Keraban, von Natur aus starrköpfig und
streng
traditionell, ist nicht bereit, die Steuer zu zahlen, die just im
Moment der
Handlung von Regierungsseite für die Überquerung des Bosporus erhoben
wurde. Er
weigert sich strikt, gegen einen Obolus die Meerenge zu überqueren, um
zu
seinem Haus auf der asiatischen Seite zu gelangen. In seiner Logik
macht er
sich folgerichtig auf den Weg, um das gesamte Schwarze Meer zu
umrunden. Die
Umsetzung dieser Starrköpfigkeit, der eigentliche Aufhänger im Roman,
wurde
gerade von der Kritik ziemlich heftig zerrissen. Vielleicht war das ein
Mangel
im Potential der Umsetzung der Handlung. Der mitreisende Holländer Van Mitten mit seinem Stress den er mit seiner herrschsüchtigen Frau hat und die Hochzeitsgeschichte von Kerabans Neffen Ahmet, füllen meist nur die mit großem Aufwand gestalteten Tableaus auf. Anstatt eine rasante Komödie zu inszenieren, driftete die Bühnenfassung in ein Ausstattungs- und Spektakelstück ab. Was noch vor Jahren vom Publikum akzeptiert wurde, war jetzt einfach nicht mehr unterhaltend. Das dann die Rollen auch noch mit dramatischen Schauspielern anstatt mir komödiantischen umgesetzt wurde, war bestimmt genauso so hinderlich wie die aus dem Roman bekannten Dialoge, die zwar geschickt und unterhaltsam waren, aber nicht so bühnentauglich wie erwartet. Bild rechts: Das Théâtre de la
Gaîté-Lyrique 1907 /3/
Der Korrespondent der Zeitung Die Presse schätzte nach dem Besuch der Uraufführung des
Theaterstücks im Théâtre de la
Gaîté-Lyrique bereits am 9. September für die österreichische
Leserschaft ein:
„Man sieht, dass Jules Verne genauso vorgegangen ist, wie in den
Romanen und
Stücken, welche ihm zu seinen großen Erfolgen verholfen haben. Er
machte
pedantisch dasselbe und es war doch nicht dasselbe. Die Personen sind
gerade umso
kleiner, als die Reise im Verhältnis zu seinen früheren Schöpfungen –
damit ist
alles andere kleinlich geworden. So die Motivierung und mit ihr [die]
Entwicklung
und Lösung und so die Überraschungen und mit ihnen die Haupteffekte,
auf die
man am meisten gerechnet hat. Das Ganze ist eigentlich eine
Kinderkomödie –
gleichwohl hielt das Publikum bis zum Schlusse aus ...“ /4/
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Copyright © Andreas Fehrmann - 2/2021, letzte Aktualisierung 16. Februar 2021